Suchbegriff eingeben

Packrafting in Äthiopien (I)

Lutz Scharf, seines Zeichens Reiseleiter bei DIAMIR Erlebnisreisen, war für uns im vergangenen Herbst auf Erkundungstour in Afrika, genau gesagt am Horn von Afrika, in Äthiopien.  

Ziel war die Erkundung von Neuland für die Planung eines Reiseangebotes!

Lutz' Credo: "Mitten im Wasser dürstet der Narr" (*äthiopische Volksweisheit). Hier folgt sein Bericht vom Scouting!



Äthiopien – Land der Kontraste 

So ungewöhnlich die Kombination klingt, so ideal sind die naturräumlichen Voraussetzungen für eine Reise, bei der Teile der Route mit dem Boot zurück gelegt werden.

Die verschiedensten Natur-Räume verteilen sich auf alle vier Himmelsrichtungen. Im Norden das Hochland mit seiner spektakulär pittoresken Canyon-Landschaft. Im Osten gilt die Danakil-Wüste mit seinen aktiven Vulkanen und brodelnden Quellen zu einem der heißesten und unwirtlichsten Orte dieses Planeten.



Durch den Süden ziehen sich wie an einer Perlenkette aufgereiht unzählige Kraterseen. Der Westen besticht letztendlich durch seine semiaride Savannen-Landschaft.

Neben den verschiedenen Natur-Räumen sind es aber auch die vielfältigen Kultur-Räume, die zu beeindrucken wissen. Der Norden des Landes, geprägt durch eine 3000jährige Geschichtsschreibung, dem äthiopisch orthodoxen Christentum und einer Vielzahl von Klöstern und Kirchen steht dem Süden diametral gegenüber. Hier leben verschiedene ethnische Gruppen, t.w. noch mit einem stark traditionell ausgeprägten Lebensstil (Anhänger animistischer Religionen, Nomaden, Jäger und Sammler, etc.) und bewältigen ihren archaisch wirkenden Alltag. 80 verschiedene Sprachen, über 200 verschiedene Dialekte, das friedliche Zusammenleben orthodoxer Christen, Muslime und Animisten machen dieses Land zu einem historisch gewachsenem Vielvölkerstaat.

Eine schlummernde Idee

Seit nunmehr fast 10 Jahren bin ich als Ethnologe und Tour-Guide regelmäßig in Äthiopien unterwegs. Und ja, ich würde behaupten das Land in all seiner Vielfalt zu kennen. Auf zahlreichen Trekking-Touren in den Simien-Bergen, Expeditionen in der Danakil-Wüste und Scouting-Touren in das noch relativ unerschlossene Grenzgebiet zum Sudan habe ich das Land in den letzten Jahren intensiv kennengelernt. Jedoch ist es immer wieder spannend, bei jedem Aufenthalt neue Facetten Äthiopiens und Veränderungen im Alltag der Menschen wahrzunehmen. Am Intensivsten erlebt man Äthiopien per pedes. Entschleunigt und im Rhythmus der Einheimischen erfährt man ein Land, wo Gastfreundschaft und Offenheit gegenüber Fremden ein tief verwurzeltes kulturelles Gut ist.



Insbesondere während Trekking-Touren durch das nördliche Hochland in den Semien-Bergen oder der Geralta-Region erlebe ich immer wieder großartige Momente, welche nachdrückliche Erinnerungen hinterlassen. Neben diesen Begegnungen sind es vor allem die grandiosen Landschaften – Gipfelketten, die am Horizont wie Scherenschnitte wirken, weite Ebenen, welche die Größe des Landes erahnen lassen oder auch tief eingeschnittene Fluss-Täler, welche die Kraft der Natur deutlich machen.


Vor allem einige diese Fluss-Täler begeistern mich schon seit Jahren, da sie einerseits Orte wilder Schönheit und anderseits traditionell landwirtschaftlich kultivierte Lebensadern sind. Da ich selbst schon seit vielen Jahren regelmäßig mit dem Kajak unterwegs bin, wuchs in meinem Kopf rasch eine Idee einer Kajak-Tour, die lange Zeit nur eine Idee blieb. Vor allem die logistischen Herausforderungen – zum Beispiel der Transport des Kajaks und der Ausrüstung vor Ort in t.w. infrastrukturell kaum erschlossene Gebiete, die Rekrutierung einer lokalen Begleitmannschaft und gesetzliche Bestimmungen ließen diese Idee weit unten in meiner „Schublade der Reiseträume“ dahin schlummern...

Packrafting in Äthiopien – die Idee erwacht in Tschechien

Im Sommer vergangenen Jahres wurde diese Idee plötzlich aus dem Schubladen-Schlaf gerissen. Sven vom Anfibio Packraft-Store hat mich zu einer Tour nach Tschechien eingeladen. Bei leichtem Wildwasser auf der Střela überzeugte mich das beanspruchbare Material, die gutmütigen Fahreigenschaften und das minimale Packmaß der Packrafts recht schnell. Noch auf der Střela fiel der Entschluss: das sind die Boote für Äthiopien! Einige der Faktoren, die zunächst einer äthiopischen Fluss-Expedition im Weg standen, waren im Handumdrehen obsolet – kein kostenintensiver Transport nach und in Äthiopien, belastbares Material und maximale Flexibilität bzw. Mobilität bei der Standortauswahl durch den einfachen Auf -und Abbau. Nicht zu vergessen die eigentliche Packraft-Philosophie – also die Kombination aus Trekking und Paddeln, welche die „Äthiopien-Idee“ um ein weiteres Element erweiterte. 

Gemeinsam mit Robert, einem sehr erfahrenen Äthiopien-Kenner  erarbeiteten wir euphorisiert von den schier unendlichen  Möglichkeiten mit den Packrafts eine potentielle Packraft-Tour für Äthiopien.

Weiter gehts mit Teil II: Die Flüsse Äthiopiens: Heimat von Nilpferden und Krokodilen. Oder die Frage: welcher Fluss birgt am wenigsten Gefahren? 
Tag