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IN "SEENOT" - ODER WENN FELS IN WASSER MÜNDET

!!! Neues Boot im Einsatz !!!

So wenig wie man es einem Wassersportler wohl wünscht in Seenot zu geraten, so sehr sei es einem Kletterer empfohlen. Vorzugsweise am Falkenstein im Salzkammergut in Österreich. Die gleichnamige Route ist eine der beliebtesten Klettertouren am Wolfgangsee, spektakulär, landschaftlich einzigartig und ein kleines Abenteuer. 200m weiß leuchtender, kompakter Kalkstein ragen senkrecht aus dem türkisblauen Wasser – Zustieg nur mit Boot, eine ganz besondere Kombination. 
von Peggy Putzmann I Anfibio Packrafting


Vorbereitung

Das Abenteuer beginnt bereits auf dem Parkplatz in Fürberg. Neben der Kletterausrüstung liegen diesmal auch zwei Packrafts bereit, denn den Zustieg werden wir bei dieser Route mit dem Boot statt zu Fuß bewältigen. Ein Abseilen von oben zum Einstieg der Tour ist zwar prinzipiell auch möglich, allerdings steigt dann die Gefahr mit einem nassen Seil in die Route zu starten. Das wollen wir umgehen, außerdem ist auch die kleine Paddeltour von ca. 20 Minuten schon die Reise wert. Doch bevor wir ins Boot steigen, bedarf es einiger Vorbereitung. Schließlich ist der Einstieg wirklich direkt über dem Wasser, man hat keine Möglichkeit sich vorher noch einmal an Land zu sortieren. Daher ziehen wir schon am Parkplatz unsere Klettergurte und die Schwimmwesten an und verstauen die Kletterschuhe griffbereit in die DeckPacks. Das Doppelseil geben wir nochmal durch und legen die Seile getrennt in jeweils ein Boot ab. Unter den Spritzdecken der Packrafts können wir sicher sein, dass unser Kletterequipment auch trocken an der Wand ankommt. Ein Paddelbag und der Blasesack dienen als improvisierte Seilsäcke (jeweils 60m finden gut darinnen Platz) und halten die Seile im Fußraum des Bootes zusammen, als wir uns auf den Weg über den Wolfgangsee begeben.



Zustieg

Der 13km2 große See hat sich zu einem beliebten Ausflugsziel für Touristen etabliert. Besonders Sankt Wolfgang am Nordufer wird von den rund 600.000 Touristen regelrecht überschwemmt, die jährlich auf das kleine, knapp 800-Seelendorf einströmen. Davon merkt man aber auf der weniger erschlossenen Seeseite kaum etwas. Lediglich ein paar vereinzelte Ausflugsdampfer sehen wir heute in der Ferne vorbeifahren. Auch in der Kletterwand werden wir heute den ganzen Tag allein unterwegs sein. Auf der Hinfahrt halten wir uns am Uferbereich, kommen an einzelnen Inselchen mit dem bekannten Ochsenkreuz vorbei und erreichen schließlich die ersten Felsen. Diese ca. 25m hohen Felsen dienen aber vor allem Klippenspringern hier ihrer Leidenschaft nachzugehen. Wir beobachten einige Sprünge in das Mitte September noch recht warme Wasser, bevor wir die letzten Meter zu unserer Felswand in Angriff nehmen. Um die nächste Ecke taucht sie dann auch schon überraschend nah vor uns auf. Während wir noch unseren Einstieg suchen, kribbelt es uns bereits in den Fingern als wir uns ehrfürchtig die anderen, deutlich schwereren Routen der Falkensteinwand ansehen. Für uns ist auch die Route Seenot, wohl eine der bekanntesten und lohnendsten am Falkenstein, fordernd genug.



Wasser-Fels-Wechsel

Der Einstieg ist eindeutig, zwei dicke Taue hängen vom ersten Standplatz in ca. 1,5 Metern über der Wasseroberfläche bis ins Wasser. Wir ziehen wir uns etwas abenteuerlich aus den Booten an den Felsen und machen uns startklar. Nun macht sich die gute Vorbereitung bemerkbar: wir fixieren die Packrafts mit einem Riemen an dem Tau, holen die Seilenden aus den Seilsäcken und schließen nach dem Aussteigen aus den Booten die Spritzdecken wieder vollständig. Mit einer ausgeklügelten Logistik lässt sich so der Wasserkontakt mit den Seilen weitestgehend vermeiden.



Routenverlauf

Dann geht es los und endlich dürfen wir die ersten Meter am Felsen zurücklegen. Uns erwarten rund 6 Stunden Genusskletterei durch sieben Seillängen über glatte Platten mit feinsten Reibungstritten. Während die Boote unter uns langsam immer kleiner werden, wird der Blick über den See und die darum liegende Bergwelt immer eindrucksvoller. Die nach Süden exponierte Wand heizt sich auch bei spätsommerlichen Temperaturen schnell auf und wir sind froh, ausreichend Getränke mitgenommen zu haben.



Mit der dritten Seillänge erreichen wir dann die Schlüsselstelle der Tour. Sie beginnt mit einer zunächst klettertechnisch leichten, sanft auf- und absteigenden Querung. Am markanten Baum auf der Hälfte des Weges, steigen wir direkt weiter. Empfehlenswert ist hier allerdings ein Nachholen, da wir im zweiten, anspruchsvolleren Teil mit zunehmender Seilreibung zu kämpfen haben. Doch die Schlüsselstelle ist bestens abgesichert und auch den Griffen wurde durch ein gebohrtes Loch etwas nachgeholfen.

Und es bleibt nicht bei dieser einen Stelle, die künstlich unterstützt wurde. Der teilweise doch etwas übertriebene Einsatz künstlicher Tritt- und Griffhilfen sorgt auch in diversen Kletterforen immer wieder für kontroverse Diskussionen. Spätestens in der 6. Seillänge, einer überhängenden glatten Wand mit reichlichen künstlichen Griffen gespickt, sind wir dann aber doch froh über jede Hilfe. 
Die siebte und letzte Seillänge ist dann wieder eine leichte Genusskletterei an ausschließlich natürlichem Felsen. Die Tour weist dank der Griffe und Tritte einen recht homogenen Charakter auf und der Gesamteindruck mit den schönen Platten und den großen natürlichen Henkeln im festen Kalkstein bleibt uns vordergründig in Erinnerung. 



Abstieg

Oben angekommen suchen wir den etwas versteckten Weg zur Abseilpiste. Dank des Doppelseils sind wir bereits nach viermaligem Abseilen wieder an den Booten. Wir positionieren die Packrafts so, dass das abgezogene Seil möglichst auf den Booten statt im Wasser landet. Durch etwas Gestrüpp in direkter Falllinie des Seils, lässt es sich erstaunlich dosiert abziehen und wir können mit größtenteils trockenem Equipment im Halbdunkel zurückpaddeln.

Tipps für eine gelungene Wasser-Fels-Kombination
  • Nicht nur dem Routenverlauf am Felsen sollte man seine Aufmerksamkeit schenken, auch dem Wasserweg sollte man sich mit Hinblick auf mögliche Gefahrenquellen widmen.  
  • Wie der Klettergurt zum Klettern gehört, so gehört auch die Schwimmweste zum Paddeln. Auch bei einer kurzen Zufahrt, geht Sicherheit vor! Gerade schwer behangen mit allerhand Exen ist man mit ausreichend Auftrieb auf der sicheren Seite.
  • Vorbereitung ist das A und O: Auf den ersten Blick passen ja Wasser und Klettern nicht so richtig zusammen. Denn vor allem das Seil sollte nicht nass werden, da es sonst schwer, schlechter händelbar und weniger dehnfähig wird. Somit erhöht sich das Risiko von Verletzungen bei Stürzen. Um das zu vermeiden, sollte man sich schon an Land beim Beladen der Boote genau überlegen, wie der Wasserstart in die Route am besten gelingt.
  • DeckPack fürs Wasser, Daypack für die Wand: Während des Paddelns sorgen wasserdichte Taschen und ggf. eine Spritzdecke für eine trockene Ausrüstung. Doch für Routen dieser Länge sollte auch nicht die gesamte Tagesverpflegung im Boot zurückbleiben. Vor allem ausreichend Getränke gehören mit in die Wand. Am Wandfuß dagegen dürfen Bootszubehör, wie Schwimmweste, Paddel oder Wechselschuhe bleiben. 
  • Paddeln – Sichern – Klettern – Sichern – Klettern – … – Abseilen – Paddeln, dass ist ganz schön Arm lastig. Auch wenn die Tour für alpine Verhältnisse sicherlich noch zu den kürzeren Routenverläufen zählt, sollte man die Gesamtanforderung nicht unterschätzen. Für besonders versierte Kletterer bietet die Falkensteinwand dagegen noch vielzählige Möglichkeiten sich an schwereren Routen auszutoben.




Eckdaten: Seenot – Falkenstein

Ausgangsort: Fürberg
Zufahrt mit Boot: ca. 20 min
Kletterhöhenmeter: 200m
Seillängen: 7
Schwierigkeitsgrad (UIAA): 7-
Absicherung: sehr gut mit Bohrhaken
Exposition: Süden
Berg: Falkenstein 717m

Packliste
  • 60m Doppelseil
  • 13x Expressschlingen
  • Helm
  • Kletterschuhe
  • Klettergurt mit entsprechendem Material
  • Kleiner Tagesrucksack mit Getränken und Verpflegung
  • Stirnlampe
  • Wechselschuhe
  • Anfibio Buoy Boy (Schwimmweste)
  • Anfibio Basic (Paddle)
  • Riemen zur Bootsbefestigung
  • Blasesack
  • Paddelbag
  • Anfibio DeckPack (Tasche)
  • Anfibio Rebel 2K (Packrafts)


Fazit 

Kletterer gehören, wahrscheinlich genauso wie auch viele Wassersportler, zu einer ganz eigenen Spezies. So wie die meisten Klettersportler wohl eher der wasserscheuen Art angehören, waren wahrscheinlich auch die wenigsten Wassersportler schon einmal am scharfen Ende eines Seiles eingebunden. Und doch verbindet beide Outdoorsportarten ein entscheidendes Element: die Leidenschaft und Begeisterung zu ihrer Fortbewegungsart.