Die Idee eines ultra-portablen Kanus ist so alt wie das Schlauchboot
selbst. Abstrahiert man vom Begriff, fällt die Erfindung des aufblasbaren
Wasserfahrzeuges mit dem Packrafting-Gedanken zusammen.
Die Erfindung
Im Jahr 1844 stellt Sir Peter Halkett (Lieutenant der Britichen Navy) sein
‚Cloth-Boat’ vor. ‚Cloth’ bezog sich auf zwei Dinge. Es war das erste
aufblasbare Boot überhaupt und damit nur aus Stoff (Cloth). Es war aber
auch tatsächlich ein Kleidungsstück (Cloth)! Halkett konzipierte sein Boot
nämlich exakt für den Einsatz im gemischten Terrain. Es wurde (als Mantel)
getragen und als Boot gefahren, vornehmlich in der Exploration der
kanadischen Wildnis, Packrafting wie wir es traditionell definieren.
The "Cloth-Boat", Halkett 1844, National Maritime Museum |
Er verfolgte tatsächlich ein Gesamtkonzept. Sein Paddel war ein
Wanderstock und sein Regenschirm ein Segel! Mit diesem multifunktionalen Ansatz war Halkett seiner Zeit weiter
voraus als wir es heutzutage finden. Und mit 3,4 kg verdient es auch
nach heutigen Standards seinen Respekt. Der einfache Transport war
genauso ein Konstruktionsmerkmal wie die Eignung als funktionales
Wasserfahrzeug. Halketts Boote spielten damals eine
entscheidende Rolle bei der Suche nach Ãœberlebenden von Franklins
Expedition in der Nordwestpassage.
Packrafting im 19. Jahrhundert, National Maritime Museum |
Dennoch geriet sein Ansatz in Vergessenheit. Die Entwicklung des
Schlauchbootes nahm einen anderen Weg. Sie wurden größer, schwerer und
schließlich sogar motorisiert. Über 100 Jahre dachte niemand daran mit
Booten ernsthaft zu wandern. Diesem Erbe verdanken wir heute die
Mehrzahl aufblasbare Boote jenseits der 20 kg Marke.
Entfremdungen
Die Idee der amphibischen Reise ging fast verloren, hätte es nicht immer eine
Gemeinde von Trekkern gegeben, welche kleine, leichte, mehr oder weniger
haltbare Schlauchboote einsetzten, um Flüsse, Seen und Fjorde zu überqueren
oder integral auf Tour zu nutzen. Dabei vertraute man anfänglich auf kleine
Gummiboote aus Militärbeständen oder auf Rettungsboote aus der zivilen
Luftfahrt, für ein Jahrhundert die einzigen verfügbaren, portablen Boote. Dies
geschah jedoch überall auf der Welt. Insbesondere in Nordamerika, vor allem
Alaska, aber auch in Australien und selbst in Europa gibt es Berichte solcher
kombinierten Unternehmungen. So wurde beispielsweise die Gorropu Schlucht in
Sardinien 1969 mit Hilfe kleiner Schlauchboote Erstbegangen und -befahren.
In den 1970er Jahren gab es erste Produkte und Firmen, welche sich der
Kommerzialisierung dieser Idee stellten. Der Name „PACKRAFT“ wurde geboren als
Versuch der Unterscheidung vom „normalen“ (also großen) Schlauchboot. Das
Konzept war mit der Bezeichung rehabilitiert. American Safty, Sherpa und
Curtis Designs nutzen neue Materialien (Neopren- , später
Urethan-beschichtetes Nylon) beließen es ansonsten aber in der Konstruktion
beim „Miniraft“. Sie werden seit 1982 dennoch regulär beim Wilderness Classic
Rennen in Alaska eingesetzt. Bis in die 90er Jahre hinein wurden ausgedehnte
Touren im amerikanischen Norden unternommen. Packrafting blieb jedoch
eine absolute Nische, welche die genannten 3 Firmen nicht überlebten.
Durchbruch
Nichts desto trotz stellte sich Anfang der 2000er Jahre eine neue
amerikanische Firma der Herausforderung und zwar ernsthaft und mit
Fokussierung. Das Konzept wird so neu aufgerollt. Man nutzt neue Technologien,
Materialien und Konstruktionen und macht damit Packrafts zum echten
Wassersportgerät. Somit kommt es im neuen Jahrtausend zum ernsthaften Paddeln
mit Packrafts.
Wildwassertechnische Herausforderungen scheinen sie nicht zu stoppen. In
mehreren Entwicklungsschritten haben sich die Boote von augenscheinlichen
Poolspielzeugen zu rassigen „Packyaks“ entwickelt. Ursprung dabei war die
Einführung eines leichten, aber robusten. Weitere Meilensteine waren die
Entwicklung von Spritzdecken und modernen Bootsformen.
Im Ergebnis wirkt das alles recht logisch, aber man darf nicht vergessen, dass
man nie ein Boot unter 3 kg bekommen hätte, wenn die Entwicklung von
bestehenden Bootsformen und Funktionen ausgegangen wäre.
Das Konzept verblieb dennoch in einer Nische mit wenigen Wettbewerbern. Neben der kostspieligen Anschaffung trug v.a. eine verhaltene Vertriebspolitik dazu bei, dass die Verbreitung eher gering blieb.
Das Konzept verblieb dennoch in einer Nische mit wenigen Wettbewerbern. Neben der kostspieligen Anschaffung trug v.a. eine verhaltene Vertriebspolitik dazu bei, dass die Verbreitung eher gering blieb.
Öffnung und Weiterentwicklung
Das Jahr 2015 gilt als allgemeine Öffnung des Marktes. Zahlreiche Hersteller
widmen sich nun dem Konzept. Darunter sind solche, die sich weiter spezialisieren und das Spektrum erweitern. Die neue Vielfalt trägt zur Verbreitung der Idee wesentlich bei.
Bewegung kommt auch in das preisliche Gefüge. Packrafts sind nicht mehr nur
etwas für Spezialisten. Das Konzept wird erschwinglicher und damit auch
breitentauglicher.