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RUCKSACKBOOTE IM ERFINDERMAGAZIN „EINFACH GENIAL“ DES MDR FERNSEHENS

Was gibt es an Neuerungen im Bereich Paddeln und Rucksackboote? Das und mehr hat das MDR Team von "Einfach Genial“ gefragt und einen Tag lang mit der Kamera dokumentiert. Fotos: Thomas Butzmann.

Auf dem Bild sind drei Boote: Zwei Packrafts im Hintergrund und ein Kanu mit einem Kameramann im Vordergrund. Der Kameramann filmt die Packrafts während des Paddelns.
Behind the scenes von "Einfach genial" (MDR)

Wir waren bei der Sendung zu Gast und stellen die neusten Entwicklungen vor, insbesondere die Innovationen der Packrafts Anfibio Revo CL und Revo XL - von VenturiTube bis TwinTail. 

Ein Kamera- und ein Tonmann filmen Sven und Henriette beim Vorstellen der Packrafts.
Sven von Anfibio gibt Henriette einen Einblick in das Thema und stellt die neusten Entwicklungen vor.

Logo "Einfach Genial"
„Einfach Genial“ ist die langjährige Erfindersendung des MDR Fernsehens in der die Moderatorin Henriette Fee Grützner die Ergebnisse der Entwicklungsarbeit von Amateuren und Profis vorstellt.

Die Sendung läuft am 14.06.2022 um 19:50 Uhr im MDR Fernsehen und in der ARD Mediathek.

Bis dahin gibt es hier einen Blick hinter die Kulissen, in das "Making of" sowie ein ausführliches Interview des Autors der Sendung. 

Making of




Interview


von Felix Köhler (Maximus Film) 
mit Sven Schellin (Anfibio Packrafting) 
zum neuen Rucksackboot Anfibio Revo CL und XL.

1. Wie bist Du auf die Idee gekommen?


Die Grundidee war, ein wirklich ultraleichtes, frei konfigurierbares Packraft zur flexiblen Nutzung, von wild bis mild, zu gestalten. Rucksackboote sind an sich gängig und lange bekannt, auch sehr leichte. Manche vertragen auch Wildwasser. Was fehlte war eine Kombination daraus. Das Prinzip des Selbstlenzers (ebenfalls etabliert) bot sich dafür an, denn Selbstlenzer bieten in bewegtem Wasser viele Vorteile gegenüber geschlossenen Booten mit Spritzdecke (leicht und einfach, freier und schneller Ein- und Ausstieg). Aber wer hat schon gerne ein Boot mit Loch? 

Die Kamera filmt durch die Lenzöffnung des Bootes. Die Moderatorin schaut auf der anderen Seite des Lenzlochs durch die Öffnung in die Kamera.
Die Moderatorin erhält wortwörtlich den Durchblick zu den neusten Entwicklungen

a) Der Ansatz war also, diese Öffnung verschließen zu können, bzw. umgekehrt gedacht, ein "normales" Boot öffnen zu können. Das war für ein Packraft neu und ermöglicht beide Anwendungen. 

b) Im Zuge der Umsetzung dieser Idee wurde die für die Selbstlenzung notwendige Bodenmatte neu gestaltet. Gegenüber herkömmlichen Matten sitzt sie im Revo sehr straff und ausfüllend. Im Ergebnis steht ein sehr steifes, profiliertes Unterschiff, fast schon wie ein Hartschalenboot. Das ist für Packraftverhältnisse einzigartig. Außerdem ist die Restmenge an Wasser bei der Lenzung minimiert. Ggb. herkömmlichen Selbstlenzern ist das Revo damit weniger träge bzw. agiler. Die Bodengestaltung ist mindestens so innovativ und funktional wie die Lenzung. 

Sven erklärt und zeigt den Boden des Packrafts. Ein Kameramann filmt in einer Nahaufnahme.
Innovative Gestaltung des Bodens

c) Um den Anspruch an ein neuartiges Boot auch optisch zu unterstreichen, wurde schließlich der TwinTail gestaltet. Das haben wir uns aber bei den Surfboards abgeschaut (Swallow oder Fish Tail). Diese Form und Funktion (Führung und Balance) auf ein aufblasbares Produkt zu übertragen war aber ebenso neu und wurde auch entsprechend anerkannt.

Sven paddelt mit einem blau-gelben Packraft im Wildwasser. Das Boot ist leicht geneigt und von Wellen umgeben. Der TwinTail ist gut zu sehen.
TwinTail in action

Am Ende ist das Revo eine Gesamtkomposition bzw. Neukombination bekannter Eigenschaften aus anderen Bereichen, aber das ist es ja was am Ende "Erfindungen" ausmacht. 

2. Was waren die Herausforderungen bei der Umsetzung der Idee?


d) Die Lenzfunktion lässt sich in der Praxis nicht so einfach testen. Wildwasser fließt nicht an jeder Ecke und zu jeder Zeit. Vor allem da die meisten Prototypen im Winter kamen.

 
Auch das Optimum des Durchflusses abzuschätzen oder gar zu berechnen war schwer möglich. Wie groß muss die Öffnung sein oder wo liegt der Flaschenhals gar woanders?  Der Verschluss sollte natürlich dicht sein, aber auch haltbar und keine Gefahr darstellen (nicht hängenbleiben). Hier galt es, auch potentiellen Bedenken vorzubeugen (Lösung: Verschluss innen liegend).

e) Die Konstruktion der Bodenmatte lässt im Zusammenspiel mit dem Boot wenig Toleranzen zu. Etliche Varianten haben uns beinah in den Wahnsinn getrieben. Bis beides (Boot und Matte) zusammengepasst und die gewünschte Form ergeben hat, vergingen zahlreiche Runden. Entweder war es zu straff oder zu locker, die Lücke für den Abfluss zu klein oder gar ganz zu, sie sollte aber auch nicht unnötig groß sein. Hier das Optimum zu finden, war tatsächlich eine Herausforderung.

Henriette und Sven paddeln im Wildwasser. Beiden lachen.
Die Sendung ist keine Theoriestunde! Henriette testet unsere Packrafts selbst.

f) Die Gestaltung des TwinTails war hingegen relativ einfach. Dennoch ist es immer eine Überraschung von einer Visualisierung erst Wochen/Monate später das physische Resultat zu sehen, denn eine eigene, ortsnahe Fertigung haben wir in der Tat nicht. Die größte Herausforderung liegt aber gerade vor uns. Wie erklärt man Kunden das Konzept? Die Kommunikation ist immer ein entscheidender Beitrag. Ohne Verständnis nützt keine Innovation. Aber da sind wir ja hier gerade an der richtigen Stelle.

Der TwinTail des Packrafts ist deutlich zu sehen, wie er eine Bahn durch das Wasser zieht, er greift bei Beschleunigung, Rücklage/Kanten oder Masse :)

Aber zugegen, der TwinTail ist der auffälligste, aber nicht der funktional entscheidenste Teil des Bootes!  Der straffe Boden macht z.B. mehr aus. 

Hier sind wir jedoch nocht allein, Surfer haben da z.B. noch viel blumigere Erklärungen:

"Das Swallow Tail kann mehr oder weniger ausgeprägt sein. Bei einer größeren Ausprägung ist es auch als Fish Tail bekannt. Meist sind Swallow Tails sehr breit, was ordentlich Speed generiert, denn das Surfboard kann ideal auf der Wasseroberfläche gleiten. Im Vergleich zu einem breiten Squash Tail ist der Hold des Swallow Tails besser, denn die beiden Flossen können bei Turns mit zwei separaten Pin Tails verglichen werden. Das bedeutet, dass Surfboards mit einem Swallow Tail ein schnelles Board mit viel Hold sind. Sodass sie auch in steileren Wellen fungieren. Gerade bei der Outline eines Retro Fishs sorgt dieser Tail Shape dafür, dass es trotz der breite und dicke noch Halt hat und wendig ist."  Aha!

3. Was ist Dein beruflicher Hintergrund, Werdegang, Ausbildung?


Ich habe einen betriebswirtschaftlichen Abschluss (Dipl. Kaufmann) und habe vor der Selbständigkeit in der Gründungsberatung bzw. dem Technologietransfer der TU Dresden (Dresden Exists) und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen (MPI-CBG, IWF Dresden) gearbeitet. Basis der eigenen Gründung ist aber ganz klar die persönliche Outdoorleidenschaft, Wassersportbegeisterung und Ultraleichtfaszination. 

Sven paddelt durch eine Welle. Die Welle spritzt viel Wasser um das Boot.

4. Wann gab es den ersten Prototypen? Seit wann ist das Modell serienmäßig auf dem Markt? Welchen Status hat die Erfindung aktuell?


Die Grundidee ist tatsächlich undatiert. 2019 begannen wir mit der Konkretisierung des Konzeptes anhand von Diskussion, Zeichnung und Proben von Teillösungen. 2020 gab es erste Prototypen und Testfahrten (u.a. im Kanupark Markkleeberg und auf sächsischen Flüssen).

 

2021 folgten weitere Prototypen und externe Testfahren (Tourenveranstalter in Großbritannien) bis zur Serienreife Ende des Jahres. Die erste Serienproduktion, Marktvorstellung und Auslieferung erfolgte dann Anfang 2022.

5. Was kannst du zu technischen Details wie Aufbauzeit und Material sagen? 


Die Aufbauzeit beträgt 5-10 Min. für die Zahmwasserkonfiguration und 20-30 Min. für das Wildwasser-Setup. 

Sven erklärt und gestikuliert Henriette etwas zum am Ufer liegenden Packrafts. Der Kameramann filmt eine Nahaufnahme.
Insbesondere das Revo überzeugt durch seine Anpassungsmöglichkeiten sowohl auf Zahm- als auch Wildwasser und kam daher beim Filmdreh zum Einsatz.

Als Material kommt reiß- und abriebfestes TPU (Thermoplastisches Polyurethan) laminiertes Nylon-Gewebe der Stärken 210D, 420 und 840D zum Einsatz. Dies enthält keine Weichmacher und wird bei uns klebstofffrei, d.h. zu 100 % geschweißt und vernäht. Dies alles ist schlussendlich vollständig klimaneutral kompensiert. 

Das Basisgewicht beträgt 2 kg. Das Komfortgewicht liegt bei etwa 3 kg. Das Maximalgewicht (XL/Schlauchtaschen) kommt auf 4 kg. Zuladung verträgt das Boot zwischen 120-170 kg.

6. Wie stabil ist das Untermaterial gegen Verletzung, z.B. bei Steinberührung?


Der Boden ist der stärkste Teil des Bootes. Das beidseitig, doppelt beschichte, verstärke Gewebe (statt einer Folie) steckt Grundberührungen locker weg.  Außerdem gibt ein Luftboot bei einem Aufprall immer nach, die Energie wird absorbiert (im Gegensatz zu Faltbooten bspw.).

Speziell das Revo weist zudem einen überlappenden, überstehenden Boden auf, der die Seitenschläuche zusätzlich schützt. Nicht zuletzt sorgt die Bodenmatte für eine gute Lastverteilung und reduziert den Tiefgang bzw. punktuelle Belastungen an Hintern und Füßen. 

Natürlich gibt es Grenzen (Glas, Metall, Schiefergestein oder Kalkbruch statt runde Flusssteine). Um im Fall des Falles die Fahrt nicht abbrechen zu müssen, gibt es jedoch Schnellreparatursets für unterwegs, oder spezielle Kleber für zu Hause. Mit dem Revo ist man insofern im Vorteil, als ein Loch im Boden, der Funktion des Boots nichts anhaben kann, denn eine Öffnung hat es ja sowieso schon.

Henriette und Sven paddeln in ihren Packraft auf einem See. Im Hintergrund sind Segelboote und Häuser zu sehen.
Wie das aus geht erfahrt ihr bei "Einfach Genial" (MDR): Die Sendung läuft am 14.06.2022 um 19:50 Uhr im Fernsehen und in der ARD Mediathek.


Mehr Information zu den vorgestellten Modellen der Sendung: 


Link zur Sendung:

Produktpräsentation auf anfibio.com:

Shop im packrafting-store.de: