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Hike and Packraft über Fjord und Fjell

Vier Jahre sind vergangen seit Oliver seine erste Tour in Norwegen absolviert hat. Das hat ihn so begeistert, dass er seine Abenteuer in Zukunft teilen möchte. Das macht er als Tourguide mit seiner Partnerin. Dazu geht es an den Lysefjord und weiter über die Hochebene in nordöstliche Richtung.  Geplant ist die Tour paddelnd mit Anfibio Omega C2, was pro Kopf gerechnet wandernd noch gut zu tragen ist. Aber hier berichtet er wie und mit was alles anfing. 

von Oliver Hauptstock


Ich weiß es gar nicht mehr so genau wie es kam. Ich glaube, am Anfang stand die Idee, die familiären Wanderurlaube in Skandinavien um die Komponenten “Boot” zu erweitern. Schnell war klar, dass es sich um eine kompakte Variante handeln würde. Ein Faltboot oder was zum Aufblasen. So kompakt, dass es auch im Flugzeug als Gepäck unter 23 kg Platz finden würde. Und auf einmal - “Zack” - da war es! Ein Anfibio Delta MX. Nicht nur kompakt, sondern auch ultraleicht und trotzdem robust. Sofort weckte das Packraft viele Ideen, insbesondere von Microadventures.  Das Abenteuer Packraft konnte also beginnen.

Und dann direkt das: Silje und Bernd laden zum Polterabend ein. Nach Norwegen, Stavanger. Ich kenne das Fjell vom Wandern und Trail Running, die Fjorde vom Radfahren. Gepaddelt bin ich in Norwegen noch nie. Ein Blick auf die Karte. Stavanger = Lysefjord und Preikestolen. Packraft und Hike. Perfekt!

Flug gebucht. Anreise drei Tage vorher.  Zeit für ein kleines Abenteuer. Packraft-Erfahrung: Null. Gerade noch Zeit für ein paar kleine Runden im Kanal .

Mitte Juni, kurz vor Mittsommer. Die Landung in Stavanger erfolgte spät am Abend. Bernd hat mich am Flughafen abgeholt und direkt zur Fähre am Lysefjord gebracht. Die letzte Fähre an diesem Tag. Gegen 22 Uhr. Ich war der einzige Fahrgast. Viel vom Lysefjord war hier noch nicht zu sehen. Auf der anderen Seite in Oanes angekommen, folgte ein kleiner Fußmarsch entlang der Straße, vorbei an der Lysefjordbrücke am Fjordeingang, hinunter zu einem kleinen Dorf mit Anlegeplatz. Ein paar Häuser nur. Im fahlen Licht einer Straßenlaterne das Boot aufgepumpt. Stille. Kein Verkehr, kein Wind und auch keine Wellen. Gespenstig, schaurig, schön.


Gegen Mitternacht ging es los. Mittsommer und Mitternacht bedeutet in Südnorwegen dämmrig, aber nicht dunkel. Erst hinaus aus der kleinen Bucht. Eine Linkskurve und dann war er da, der Blick in den Lysefjord. Die steilen Berge links und rechts bis zu 900m hoch. Der Fjord an dieser Stelle kaum breiter. Und ich mit meinem kleinen gelben Gummiboot mittendrin. Puh. Angst. Ehrfurcht. Begeisterung. Mit gleichmäßigen Paddelschlägen ging es weiter. Ohne Wind und Wellen glitt das Boot nahezu wie von Geisterhand gezogen den Fjord entlang…


Knapp 3 Stunden später war der Revso Kai erreicht. Ein kleiner Anleger aus Beton gegossen, mit Aufstieg zum Preikestolen. Die erste Herausforderung: Die gut 2 Meter Höhenunterschied zu bewältigen. Auch mit der Leiter an der Seite gar nicht so einfach. Boot verpackt. Rucksack geschultert. Auf zum Preikestolen. 

Die meiste Erfahrung habe ich mit Wanderwegen über die Hochebenen. Die Berghänge zu den Fjorden sind mir eher unbekannt. Dass es steil wird, war ja klar. Aber so ruppig hatte ich sie nicht vermutet. Ich war die ganze Zeit auf der Suche nach einer Abkürzung zum Preikestolen. Gefunden habe ich sie aber nicht (mittlerweile weiß ich, wo sie lang führt). So musste ich den Wanderweg erst bis zum Fjellhotel folgen und dann die Hauptroute zur “Kanzel” nehmen (durch den Revsavatnet, ein kleiner Bergsee, zum Hotel zu paddeln wäre wohl die bessere Option gewesen).
Der mit Steinplatten “planierte” Hauptweg wird in den Sommermonaten täglich von hunderten von Touristen begangen. Mitte Juni, früh am Tag ist man noch alleine, aber das ändert sich schnell. Die übliche Dauer für die vier Kilometer sind bis zu zwei Stunden (der Parkplatz kostet ca. 25 Euro). Der Ausblick über den kompletten Fjord belohnt den Aufwand.


Nach dem Genuss des Panoramablickes und einer Schlafpause (ich hatte immerhin die Nacht durchgemacht) ging es gegen Mittag den Wanderweg weiter entlang der Nordflanke des Fjordes. Hätte ich gewusst, wie anstrengend der Wanderweg die ganze Zeit sein würde, ständig hoch und runter über Stock und Stein, hätte ich wohl den erstbesten Abstieg zu einem Kai genutzt, um lieber zu paddeln. Aber so folgte ich meinem Plan und kraxelte den Hang entlang.


Kurz vor Sognesand habe ich dann eine kleine, ebene Fläche (am Hang gar nicht so einfach) für mein Zelt gefunden. Ich wollte es möglichst einfach haben und habe nur mein Einwand-Biwakzelt mitgenommen. Komfort ist was anderes. Das größte Problem allerdings hier in Ufernähe: Gnitzen. Zu Tausenden. Ach was, Millionen. So klein und fies. Die krabbeln überall rein und wollen an dein Blut. Zeltaufbau in Rekord-Tempo. Nur kurz die Tür auf. Alles rein. Luke zu und Ruhe. Äh, nein. Sie waren schon drin! Aber: Gnitzen haben sowas wie geregelte Arbeitszeiten. Ist die Zeit rum, dann sind sie ruhig. So klebten sie an der Zeltinnenwand und ließen mich in Ruhe.
Und jetzt kommt das Boot wieder ins Spiel. Passt genau in mein Zelt rein. Halb aufgepumpt. Halblange Isomatte in den Fußraum gelegt. Kopf auf Bug. Füße auf Heck. Eine ruhige Nacht.

Leider war der Abend schon nicht so richtig trocken und auch nachts hatte es geregnet. Beim Aufstehen waren Zelt und Schlafsack nass und klamm. Auch dieser Tag startete recht früh. Wenn schon mal wach, dann kann man auch loslegen. Das Boot war ja schon fast startklar. Auf geht's.


Wie schon am Vortag. Nahezu Windstille. Flaches Wasser. Nur hingen heute die Wolken schwer über den Bergrücken. Knapp zehn Kilometer entlang des Fjordes galt es zurückzulegen, um dann auf Höhe von Flörli den Fjord komplett zu queren. Mit 500 Meter Wassertiefe inmitten des Fjordes ein beängstigender Gedanke.

Schlag für Schlag glitt das Packraft entlang der Felsen. “Plopp”! Wie? “Plopp”? Zwei große, neugierige Augen, ein runder, dunkler Kopf ca. 50 Meter neben mir. Ein Seehund. Der will hoffentlich nicht spielen, dachte ich noch und weg war er. Nur um noch mehrmals in für mich (oder auch für ihn) sicherer Entfernung wieder aufzutauchen. Schön, ein wenig Begleitung zu haben. Unheimlich, nicht zu wissen, was sonst noch alles unter einem passiert.


In den frühen Morgenstunden habe ich den Fjord wieder nur für mich gehabt. Kein Angler, keine Fähre, auch kein Sightseeing-Speedboot kreuzten meine Fjordüberfahrt. In Flörli am Kai angekommen, wurde gerade der Hot Tub Stampen eingeheizt und die Getränke bereitgestellt. Leider nicht für mich.


Nächste Etappe: Die Flörli-Treppe. 4444 Holzstufen entlang der Wasserdruckleitung. Direkter Weg, den Hang hoch. Wer es sportlich will: auch der “Flørlitrappene Opp” und der “Tripp Trapp Triathlon" gehen hier hoch. Oben angekommen: Regen. Viel Regen. Das Wasser lief die nackten Felsplatten entlang. Rings um mich herum Nebel. 


Geplant war der Wanderweg in Richtung Kjerag Bolten und auf dem Weg noch 3 kleinere Seen auf der Hochebene paddelnd mitzunehmen. Aber Zelt nass, Schlafsack nass und jetzt auch noch die Hälfte der Klamotten nass. Ich hätte es darauf ankommen lassen können. Wäre ja nur noch eine Nacht gewesen. Ich habe aber den Abstieg gewählt und den Rückweg abends mit der letzten Fähre zurück nach Lauvvik, dem Start meiner Reise.

Ausrüstung:

Boot: Anfibio Delta MX
Paddel: Anfibio Fly
Weste: Anfibio Buoy Boy
Zelt: Six Moon Design Lunar Solo
Isomatte: Therm A Rest Neo Air Xlite small
Schlafsack: Mountain Equipment Classic  500


Das war Teil 1 aus dem Jahr 2019. Teil 2 folgt Ende August 2023 nach unserer diesjährigen Tour. Wir haben bereits eine kleine Gruppe für diesen August zusammen. Zwei bis vier weitere Teilnehmer können noch mitkommen. Bist du dabei? 
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