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Review zum GP Team

Friedo wollte nach eigener Aussage die „eierlegende Wollmilchsau“ unter den Packrafts, d.h. es sollte sowohl familienfreundlich als auch als Einzelgänger geeignet und dazu noch möglichst günstig sein. Hat er das alles mit dem GP Team erreicht? Stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis des Budget Modells? Oft und gerne wird das GP Team mit dem MRS Adventure X2 verglichen. Auch Friedo ist diesen Weg gegangen, denn er hatte parallel ein Leihboot davon. Er liefert uns also einen interessanten Vergleich.

Auch Bikerafting stand auf dem Programm.

von Friedemann Groß

Vor Jahren habe ich in der MDR-Reisereportage „BIWAK“ von Packrafts erfahren und war sofort hellauf begeistert. Ich bin sowohl leidenschaftlicher Wanderer als auch gelegentlicher Paddler – und jedes mal, wenn ich zu Fuß an einem Fluss vorbeikomme, denke ich, wie schön wäre es, an dieser Stelle mit dem Boot weiterzufahren. Als die Idee des Packrafts in mein Leben trat, schien die Verwirklichung des Traumes zum Greifen nah. Es hat aber doch einige Jahre gedauert, bis ich kurzentschlossen nach Dresden fuhr und mich von den freundlichen Kollegen dort beraten ließ.

Kleinflüsse sind das ideale Einsatzgebiet.

Der Anspruch

Mein neues Boot sollte sowohl für mich als Einer, als auch für gelegentliche Mitfahrer*innen taugen, und wer weiß, vielleicht sogar für eine Mehrtagestour? Und falls ich Blut lecken sollte, gern auch mal mit schnellerem Gewässer klarkommen, sowie Bodenkontakt bei Expeditionen auf sächsischen Kleinflüssen schadlos überstehen (Wildwasser-Erfahrung habe ich keine – darum wollte ich zunächst kein ausgesprochenes Wildwasserboot). Und wirklich leicht sollte es sein, weil ich kein Auto habe und die Idee des „Wasser-Wanderns“ verfolge. 

Mit Sack und Packraft

Das Fazit vorweg: Mit dem GP Team habe ich bekommen, was ich wollte. Ein Manko gab es allerdings. Doch dazu später.

Erfahrungen nach 3 Monaten

Seit drei Monaten nenne ich das GP Team mein Eigen und habe es auch wirklich ausgiebig getestet: auf sächsischen Kleinflüssen, auf der Elbe, auf großen schwedischen Seen und auf der Ostsee an der schwedischen Schärenküste.

Relaxen in den schwedischen Schären.

Die kurze Jungfernfahrt beschloss ich direkt nach dem Kauf gleich auf der Elbe zu wagen. Ich wollte versuchen, vier Kilometer flussaufwärts nach Dresden zu paddeln. 500 Meter weit bin ich gekommen, denn die Elbe hat eine Geschwindigkeit von 5 km/h – und das GP-Team schafft bei großer Anstrengung 6 km/h. Später habe ich Hartschalenkajaks auch mit Leichtigkeit flussaufwärts fahren sehen – aber diesen Anspruch eines stromlinienförmigen Speedboots erhebt man mit einem Packraft auch nicht! Meine Jungfernfahrt war leider schnell vorbei. Aber - es ist ja ein Rucksackboot. Ich brachte es an die andere Elbseite, packte es innerhalb weniger Minuten zusammen und lief einen Kilometer zur nächsten Bushaltestelle – kein Problem! Kriterium: „Wasser-Wandern“ #1: bestanden.

Die Bootsrampen und Zugseile an der Elbe sind bei einem Packraft nicht notwendig. 

Der zweite Versuch (auch dieser von ausgesprochener Naivität geprägt, aber ich lebe nach der Devise „bad decisions make good stories“) führte mich auf die Wesenitz eher ein Bach, als ein Fluss. Ich, blutiger Anfänger in Sachen Wildwasser, musste direkt ein paar Felsblöcken ausweichen, wobei das Boot eine erstaunliche Wendigkeit bewies. Bei diesem Modell sitzt man wohl auch im Einer-Betrieb auf dem Heck-Sitz. Damit ragt der Bug weit aus dem Wasser. Sieht komisch aus, aber dadurch ist es auch recht wendig. Die optionale Finne schafft der dadurch entstehenden Pendelbewegung wirksam Abhilfe. Wer allein, aber mit Gepäck fährt, kann dies im Bug platzieren, sodass dieser wieder etwas gen Wasser neigt. Habe ich erprobt, klappt gut. Das MRS Adventure hat dagegen von Grund auf eine etwas ausgewogenere Wasserlage. Ich habe auch probiert den Vordersitz in der Mitte anzubringen, sodass man im Einer-Betrieb der klassischen Kajak-Position näher kommt. Diese Funktion könnte man sicher im GP Team mit zusätzlichen Klebepunkten nachrüsten.  Zurück zur Wesenitz. Der Boot-Stein-Kontakt auf der zweiten Jungfernfahrt reichlich gegeben, was dem Boot aber augenscheinlich keine Probleme bereitet hat. Kriterien „leichte WW-Tauglichkeit“ und „Robustheit“: bestanden.

Der Bug neigt etwas zum Ansteigen, was sich aber mit Gepäck ausgleichen lässt.

Es folgten viele Wehre, ich musste ständig, teils durch unwegsames Gelände, umtragen. Mit der Leichtigkeit des Bootes war das aber auch über eine Strecke von 800m kein Problem. Mein Explorationstrieb wurde definitiv befriedigt. Ich fühlte mich wie Henry Hudson auf der Suche nach der Nordwestpassage.

Dumm, wirklich dumm, war die Entscheidung, über eine flaches, gut überschaubares Schrägwehr zu rutschen. Ich war ermutigt durch Berichte vom „Packraft-Rodeln“. Das Runterrutschen hat Spaß gemacht – aber 5 Minuten später wunderte ich mich darüber, dass doch soooo viel „Spritzwasser“ im Boot war. Ich schaute nach, und wollte mir am liebsten in meine mittlerweile klatschnasse Kehrseite beißen. Ein 25 cm-Schlaatz in meinem niegelnagelneuen Packraft! Vermutlich war in dem Schrägwehr irgendwo ein rostiges Metallteil, das ich übersehen hatte... nach drei Monaten weiß ich: über Steine schrammen macht einem Packraft nichts aus. Blechkanten schon. Nun gut. Ich war zum Glück der Empfehlung der Anfibio Kollegen gefolgt und hatte das Anfibio Life-Patch-Set dabei. Ich war skeptisch, mehrere der runden Flicken nebeneinander auf den langen Schlitz zu kleben, aber das Boot blieb den Rest der Fahrt innen trocken! Und ich sang ein Loblied auf die moderne Materialforschung.

Der Boden steckt einiges, aber nicht alles weg.

Zuhause nahm ich das zum Anlass, mich mit der (leicht zu erlernenden) Kunst des Flickens mit PU-Kleber zu befassen. Hier auf dem Blog gibt es ein wirklich gutes Tutorial. Mein Lehrgeld hat sich ausgezahlt: Den Flicken auf der Unterseite sieht niemand mehr und das Boot ist an der Stelle, wo einst ein langer Schlitz prangte, nun noch stabiler als vorher. Kriterium „Reparierbarkeit und Nachhaltigkeit“: bestanden.

Sehr stolz auf mein Packraft war ich, als ich nach Feierabend für einen kurzen Entspannungstrip – diesmal sollte es elbabwärts gehen – mit der S-Bahn von Dresden nach Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz fuhr und nur zehn Minuten nach Ankunft lospaddelte – sehr zum Erstaunen der Kerle, die ebenfalls mit mir ausgestiegen waren und zu zweit eine große Karre mit Faltboot zogen. In dem Moment, als ich mein Packraft zu Wasser ließ, hatten sie gerade mal ihre Einzelteile ausgepackt. Die Kulisse des Elbsandsteingebirges ist wirklich atemberaubend. Irgendwann fahre ich mal von Prag bis Dresden mit dem Packraft. Ganz bis Dresden bin ich in den zwei Stunden nicht gekommen, aber die S-Bahn hält schließlich auch in Rathen und Königstein und Obervogelgesang und überall sonst entlang der Elbe. 

Luft ablassen, einrollen – ab in die Bahn!

Die Begeisterung wurde aber bald etwas getrübt, denn nach den ersten Wochen stellten sich zwei Mankos ein. Mit dem ersten kann ich leben: Das Boot hat einen leichten Linksdrall. Ich habe festgestellt, dass bei meinem Modell die Finne leicht schief saß, bzw. entsprechend ausgerichtet werden muss. Damit kann ich als Gelegenheitskanute leben. Das zweite Manko war die Lehne des Vordersitzes. Die ließ Luft am Übergang vom Füllstutzen zur Luftkammer, was jedoch auf Garantie ersetzt wurde.

Wie auf hoher See. 

Nun stand der Schwedenurlaub an – und damit der Test des GP Team als Zweier für Tagestouren (mit meiner schwangeren Frau wollten wir keine Mehrtagestouren mehr unternehmen). Ich hatte mir noch ein schönes Segel besorgt (das Modell mit Luftkammerrahmen) und war gespannt, wie sich das auf den großen Seen des Nordens machen würde (selbstverständlich kamen hier auch Schwimmwesten zum Einsatz). Apropos Sicherheit: das Paddel auf hoher See bitte am Boot festbinden: beinahe wäre ich bei einem abendlichen Ausflug allein hilflos umhergetrieben, weil ich damit beschäftigt war, das Segel aufzubauen und sich das Paddel dabei selbständig machte... - gerade nochmal gut gegangen, aber fast wäre eine „good story“ d'raus geworden...).

Zu zweit ist wirklich ausreichend Platz im GP Team.

Zwar kann man dann die Beine nicht mehr ausstrecken, aber mit Abwechslung in der Sitzposition – mal Gepäck zur Erhöhung unter den Sitz stopfend, mal auf dem Sitzkissen kniend, mal auf dem Heck sitzend – hält man auch mehrere Stunden am Stück aus. Das Handgepäck hatten wir zwischen den Beinen – nicht wirklich komfortabel, aber machbar. Das praktische DeckPack steht jedenfalls seither auf der Wunschliste. Kriterium „Zweier-tauglich für Tagestouren“: bestanden!

Mit Rückenwind in den Urlaub.

Und nun zum Segeln. In Worten: Segeln! Das bringt richtig Spaß (wenn man klug plant und nicht den gesamten Weg zurück paddeln muss, den man zuvor in Windeseile zurückgelegt hatte! Aber auch hier gilt: bad decisions...). Die Vorderfrau hält das Segel – man/frau kann schon allein damit richtig gut lenken, indem man das Segel wie ein Pferd mit Zügeln etwas dreht. Zusätzlich, bei schwierigen Manövern, kann der Hintermann ein Paddel als Steuer ins Wasser halten. Beides – die Zügel und das Ruder halten, geht auch allein, aber schöner isses zu zweit. Jedenfalls bekommt man auf diese Weise ein Richtungsspektrum von geschätzt 30° in jede Richtung hin. Allerhand! Werde mir bei Gelegenheit noch eine Finnenhalterung am Bug anbringen. Mit dem Kleber kann ich ja jetzt umgehen. Und wer weiß, vielleicht gelingt mir eines Tages auch das Kreuzen. Kriterium „Segeltauglichkeit“: bestanden!

Im schwedischen Schärengarten

Dann ging es an die Schärenküste bei Västervik. Dort hatten wir teilweise ordentlichen Seegang – aber das Boot lag wie ein Katamaran auf dem Wasser und zeigte sich von den Wellen ziemlich unbeeindruckt – im Gegensatz zu mir. Kriterium „Küstentauglichkeit“: bestanden.

Das Boot ist wirklich rucksacktauglich.

Dann probierten wir auch eine kombinierte Wander- und Bootstour. Nach fünf Stunden wandern mit Billig-Wasserrucksack eines deutschen Discounters steht nun noch die wasserdichte Kraxe auf dem Wunschzettel. Aber immer schön eins nach dem andern. Jedenfalls sind ca. 4 kg für ein Zweier-Packraft auch für lange Touren mit dem entsprechenden Rucksack gut machbar. Kriterium „Wasser-Wandern“ #2: bestanden.

Zwischenbilanz 

Nach drei Monaten intensiver Kennlernphase: Das GP-Team ist tatsächlich die eierlegende Wollmilchsau! Genau das, was ich wollte. Sicherlich lässt sich das Ganze in jede Richtung spezialisieren: Robustheit, Kapazität, Wildwassertauglichkeit, Gewichtsreduktion, 1er-/2er-Tauglichkeit; Aber das würde jeweils eben auch Abstriche bei anderen Kategorien nach sich ziehen. Für Gelegenheitskanuten wie mich, die das „Boot für alle Fälle“ und das auch noch zum (relativ) schlanken Pfennig wollen, ist das GP Team genau die richtige Wahl.

Aus Mangel eine neue Bekanntschaft

Die letzten drei Monate haben gezeigt, dass ich nun endgültig im Packraft-Fieber und schon längst nicht mehr nur Gelegenheitskanute bin. Ich habe das „Team“ wirklich stark beansprucht. Zu stark? Jedenfalls haben im Schwedenurlaub alle vier Sitzelemente den Geist aufgegeben (Geist und Luft sind im Griechischen dasselbe Wort). Die Elemente können und wurden jedoch kostenlos getauscht.  Kulanterweise habe ich übergangsweise auch ein MRS Adventure X2 zur Verfügung gestellt bekommen. Damit habe ich sogleich eine 3-Tages-Tour auf der Zwickauer und der Vereinigten Mulde ausprobiert. Zu zweit mit meinem Bruder und ordentlich Gepäck. Wir beide haben unsere Kraxen jeweils auf Bug und Heck geladen, was hervorragend funktioniert. Ich würde für diesen Zweck aber erwägen, mir einem Gepäckreißverschluss anzuschaffen. Denn der Innenraum ist in diesem Modell etwas kürzer als im GP Team. Zu zweit hat man darin etwas weniger Platz.

Der Platz ist im MRS Adventure X2 schnell ausgefüllt.

Hinsichtlich Verarbeitung und Material musste ich feststellen, dass das MRS Adventure X2 akkurater, straffer und hochwertiger wirkt. Bei aller Begeisterung für den MRS-Zwilling: dieser kostet in der Basisversion (ohne Gepäckreißverschluss und Spritzdecke) knapp 400 Euro mehr. Wer mehr als nur gelegentliche Kurztrips vorhat, sollte ernsthaft das MRS in Erwägung ziehen. Diese Investition kann sich lohnen, gerad wenn man es auch viel alleine nutzt, was hier besser funktioniert.


Zusammenfassung und Fazit

Das GP Team ist der Allrounder im Low-Budget-Segment. Hinsichtlich des Materials und Verarbeitung nimmt man im Vergleich zu teureren Booten leichte Abstriche in Kauf bekommt aber dennoch ein super Allzweck-Packraft für den normalen Einsatz.

Stärken:

+ großzügiger Einer, z.B. auch für Bike-Rafting

+ ausreichend großer Zweier, auch für kleinere Mehrtagestouren

+ Stabilität auf ruhigen Fließgewässern und Seen: gutes Wasserwander-Boot.

+ genügend Wendigkeit für leichte Wildwasserstufen

+ relativ leichtes Gewicht im Verhältnis zur Größe: Land-Wasser-Touren-tauglich

+ sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

Schwächen:

- keine Auswahl der Farben

- keine optionale Spritzdecke

- kein optionaler Gepäckreißverschluss

- Material und Verarbeitung mit leichten Toleranzen

- als Einer Ausbalancierung mit Gepäck notwendig

Weitere Details auf der Produktseite des GP Teams.